Familiärer Brustkrebs / Eierstockkrebs
Die Diagnose Krebs ist ein Wendepunkt im Leben. Frauen, die selbst an Brustkrebs oder Eierstockkrebs erkrankt sind, oder in deren Familie diese Erkrankungen auftraten, gewinnen an Sicherheit, wenn sie über die genetischen Grundlagen verlässlich informiert werden.
Genetische Risiken erkennen
Tritt Brustkrebs oder Eierstockkrebs in jungen Jahren oder familiär gehäuft auf, wird es wahrscheinlicher, dass genetische Faktoren entscheidend für die Tumorentstehung verantwortlich sind. Heute sind Gene bekannt, die in verändertem Zustand die Entstehung von Brustkrebs und/oder Eierstockkrebs begünstigen (BRCA1, BRCA2, seltener PALB2, CHEK2, TP53, CDH1, RAD51C/D, u.a.).
Wird bei der genetischen Untersuchung eine Mutation in einem dieser Gene nachgewiesen, deutet dies auf eine angeborene Gewebeschwäche (Disposition) hin. Weitere Familienmitglieder können nun gezielt auf diese Gewebeschwäche untersucht werden. Anlageträger können geschützt, Nichtanlageträger können entlastet werden. Die Vererbung der Mutation erfolgt autosomal dominant. Dies bedeutet, dass erstgradig Verwandte (Eltern, Geschwister, Kinder) mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% ebenfalls Anlageträger sind, Männer wie Frauen. Vererbt wird nicht Krebs, sondern in seiner Stabilität gefährdetes Gewebe.
Wirksam vorbeugen und an Sicherheit gewinnen: Prävention
Trägt eine Frau eine Mutation in einem der am häufigsten veränderten Gene BRCA1 oder BRCA2, resultiert daraus ein hohes Risiko für Brustkrebs und für Eierstockkrebs. Während die Brust mit Früherkennungsuntersuchungen gut zu überwachen ist (Kernspintomographie, Mammographie, Ultraschall), gelingt dies bei den Eierstöcken nicht. Deshalb sollten BRCA1/2-Mutationsträgerinnen nach Abschluss des Kinderwunsches, spätestens mit Beginn der Wechseljahre, zu ihrer Sicherheit die Eierstöcke entfernen lassen. Einige Frauen entscheiden sich für die prophylaktische Entfernung beider Brustdrüsen (Mastektomie), meist mit nachfolgendem Wiederaufbau, denn mit Früherkennungsuntersuchungen kann die Heilungschance zwar deutlich verbessert, das Auftreten einer Krebserkrankung aber nicht vermieden werden. Die Wahl der optimalen Strategie zur Brustkrebsprävention hängt entscheidend auch von Ihren persönlichen Vorstellungen ab.
Genetische Beratung
In der genetischen Beratung erhalten Sie Antworten auf Ihre Fragen:
- Habe ich ein erhöhtes angeborenes Risiko, an Krebs zu erkranken?
- Wie hoch ist das Risiko eines Zweittumors, möglicherweise auch in einem anderen Organ?
- Wie hoch ist das Erkrankungsrisiko in meiner Familie?
- Ist eine genetische Untersuchung sinnvoll?
- Welche Präventionsmaßnahmen sind in meiner Situation wichtig?
Genetische Untersuchung
Die genetische Untersuchung der Brustkrebsgene wird immer dann angeboten, wenn in einer Familie mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt ist (Interdisziplinäre S3-Leitlinien für Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, Stand 2019):
- drei Frauen mit Brustkrebs (altersunabhängig) *
- zwei Frauen mit Brustkrebs, eine Diagnose vor dem 51. LJ *
- eine Frau mit Brustkrebs, Diagnose vor dem 36. LJ *
- eine Frau mit triple negativem Brustkrebs (ED ≤ 60 Jahre) **
- eine Frau mit beidseitigem Brustkrebs, wobei die Ersterkrankung vor dem 51. LJ diagnostiziert wurde *
- Brustkrebs und Eierstockkrebs bei einer Frau oder nahen Verwandten, unabhängig vom Diagnosealter *
- eine Frau mit Eierstockkrebs, unabhängig vom Diagnosealter *
- ein Mann mit Brustkrebs (altersunabhängig)*
In Abweichung dazu kann in Einzelfällen eine genetische Untersuchung sinnvoll sein, z.B. aufgrund therapeutischer Konsequenzen oder einer nicht informativen Familienstruktur.
*Empfehlung des deutschen Konsortiums für familiären Brust- und Eierstockkrebs.
**nach AGO-Empfehlung.